[Werbung] Interview mit Beate Rösler – „Die Reise des Elefantengottes“

Vor gar nicht so langer Zeit konntet ihr hier auf meinem Blog die Rezension zum Roman „Die Reise des Elefantengottes“ von Beate Rösler lesen. Um die Autorin hinter dem Roman ein wenig genauer kennenzulernen durfte ich ihr ein paar Fragen stellen. Die Antworten könnt ihr nun im Folgenden lesen.

Liebe Beate,
es freut mich sehr, dass ich dir heute ein paar Fragen stellen darf.

Fangen wir doch einfach mal harmlos an …

© Beate Rösler

Wie geht es dir denn ganz aktuell?
Danke, sehr gut. Ich habe ausgeschlafen und einen erholsamen Sonntag vor mir.

Kannst du dich vielleicht kurz mit je 3 positiven und 3 negativen Eigenschaften vorstellen?
Ich würde mich als freundlichen, kommunikativen Menschen beschreiben. Meine Familie und meine Freundinnen sagen, ich hätte Humor. Trotzdem ärgere ich mich zu leicht, wenn meine Planungen durchkreuzt werden. Damit sollte ich flexibler umgehen. Oft bin ich leider zu faul, um zum Sport zu gehen. Manchmal rege ich mich zu schnell über Kleinigkeiten auf, das ist verbesserungswürdig.

Wie lange hat es gedauert bis „Die Reise des Elefantengottes“ so fertig war, wie wir Leser das Buch kennen?
Ungefähr drei Jahre. Es war ja mein erster Roman und ich musste einige Zeit darauf verwenden, einen Verlag zu suchen und zu finden.

Kannst du vielleicht kurz zusammenfassen, worum es in deinem Roman geht?
Im Mittelpunkt steht Priyanka, eine Berliner Übersetzerin mit indischen Wurzeln. Diese würde ihre Mutter Asha am liebsten komplett kappen. Im Jahr 1968 war Asha von Delhi nach Berlin geflüchtet. Unterschlupf fand sie in einer Kreuzberger Wohngemeinschaft, wo sie sich wie auf einem fremden Planeten fühlte. Was ihr in Indien zugestoßen ist, bleibt Ashas Geheimnis. Vierzig Jahre später, 2009, reist Priyanka zum ersten Mal nach Delhi, ihre indische Familie hält sie für tot. Als sie herausfindet, dass ihre Mutter sie damit belogen hat, lässt sie ihren Rückflug verfallen und macht sich auf die Suche. Dass sie in Delhi Arbeit findet und nicht so schnell vorhat, nach Berlin zurückzukehren, bleibt auch für ihre Ehe nicht ohne Folgen. Priyankas Reise verändert ihr Leben, und nicht nur ihr eigenes.  

Wie kam dir die Idee zu diesem Roman? Sind da auch Erfahrungen aus deiner eigenen Zeit in Neu-Delhi mit eingeflossen?
Ja, auf jeden Fall. Ich habe „Die Reise des Elefantengottes“ geschrieben, nachdem meine Familie und ich vier Jahre in Indien gelebt hatten. Wir hatten das große Glück viel reisen zu können, sodass wir unterschiedliche Regionen dieses riesigen Landes kennengelernt haben. In Delhi, wo unser Alltag stattfand, bescherte jeder Weg zur Arbeit, zum Kindergarten, zum Einkauf neue Eindrücke, jeder Spaziergang durch die Stadt unvergessliche Bilder, schöne, aber auch erschütternde. So manche Erfahrung, die ich selbst gemacht habe, fließt in meinen Roman ein, dazu gehören auch zahlreiche intensive Gespräche. Über unsere Arbeit haben mein Mann und ich viele Inderinnen und Inder kennengelernt, mit denen wir unsere tausend Fragen zum Land, zur Geschichte und der heutigen Gesellschaft besprechen konnten. Wie offen und engagiert meine indischen Studentinnen und Studenten, die ich am Goethe Institut in Deutsch unterrichtete, mit mir diskutiert haben, werde ich nie vergessen.

Was genau reizt dich eigentlich an Indien? Eher die Kultur oder doch die Menschen? Oder vielleicht sogar beides?
Beides, denn ich finde, Menschen und Kultur lassen sich gar nicht trennen. Versteht man unter Kultur beeindruckende Tempel, Architektur, Filme, Literatur, Musik oder Kulinarisches, so hat Indien wahrlich einiges zu bieten, denn zahlreiche Kulturen prägen den Subkontinent. Für mich war es besonders spannend, in den Alltag einzutauchen, jedenfalls in den Ausschnitt, den ich in einem Land mit extrem unterschiedlichen Lebensrealitäten genauer kennenlernen durfte. Zu einem großen Teil ermöglichten mir das meine Studentinnen und Studenten sowie meine Kolleginnen. Tolle Frauen, die sich auf unterschiedliche Art und Weise dafür engagierten, das Leben indischer Frauen zu verbessern, aber auch das der vielen Armen. So faszinierend ich das Taj Mahal und so manchen Tempel finde, letztlich ist es wegen dieser Menschen, dass ich nach wie vor mit großer Anteilnahme verfolge, was dort geschieht, sei es aktuell wegen Corona, bei Ausschreitungen zwischen Hindus und Muslimen oder was die Rechte der Frauen betrifft. Ein extremeres Land als Indien kenne ich nicht. Bittere Armut und Reichtum, Schönes und Leiden, Freundlichkeit und Brutalität – all das existiert dicht an dicht und das ist manchmal schwer auszuhalten. Ein lauwarmes Verhältnis zu Indien hat, glaube ich, niemand, der einmal dort war. Ich glaube, man mag es oder man mag es nicht. Ich persönlich fühle mich dem Land mit all seinen Widersprüchen sehr verbunden.

Haben deine Charaktere Eigenschaften, die dir ähnlich sind?
Geplant habe ich charakterliche Ähnlichkeiten nicht. Allerdings arbeitet Priyanka als Übersetzerin in Berlin, so wie ich vor vielen Jahren. Außerdem reist sie zum ersten Mal nach Indien und empfindet vieles so ähnlich wie ich in den ersten Wochen.

Wie bist du eigentlich zum Schreiben gekommen? Gab es da einen Auslöser für?
Den gab es tatsächlich, und zwar keinen schönen. Ich hatte einen Sportunfall, der mich eine Weile ausknockte. Anstatt zu unterrichten, saß ich zu Hause und überlegte, wie ich meine Zwangspause sinnvoll nutzen könnte. Geschrieben habe ich schon immer gerne, als Mädchen Tagebuch, als Studentin für Zeitungen und auch mal für Freundinnen oder meine Tochter. Einen Roman zu verfassen, davon habe ich geträumt, aber irgendwie fehlte mir immer die Zeit dazu. Jetzt hatte ich sie und so begann ich mit meiner Indien-Geschichte. Als ich wieder zur Arbeit ging, rückte der Roman in den Hintergrund. Doch mein Mann und einige Freundinnen ermutigten mich, ihn fertig zu schreiben und nach einem Verlag zu suchen. Eines Tages klingelte mitten im Unterricht mein Handy, das ich sonst nie vergesse, auszuschalten. Es war meine Agentin, die ich inzwischen gefunden hatte. Ich ging ran und sie teilte mir mit, dass der AufbauVerlag sich für „Die Reise des Elefantengottes“ interessierte. Natürlich habe ich mich wahnsinnig gefreut.

Wenn du schreibst, plottest du erst alles genau durch oder schreibst du eher drauf los und schaust dann wohin dich die Handlung bringt?
Bereits wenn ich ein Exposé für den Verlag schreibe, muss ich mir Gedanken darüber machen, wie sich die Geschichte entwickeln soll. Ich recherchiere und entwerfe Lebensläufe für meine Figuren. Mit manchen führe ich erdachte Interviews zu allen möglichen Lebensbereichen, die einen Menschen formen. Das hilft mir, meine Figuren zu verstehen, denn um sie lebendig wirken zu lassen, muss ich genau wissen, wie sie denken oder empfinden. Erst dann geht’s los. Und klar, während des Schreibens verändert sich die Geschichte, zum Beispiel weil mir meine Recherchen neue Erkenntnisse bringen. Dann muss ich mir vielleicht einen neuen Verlauf ausdenken. Phasenweise ist es, als würden meine Figuren bei mir leben. Mit meiner Familie oder meinen Freundinnen diskutiere ihr Schicksal, ihr Verhalten, ihre Gefühle. Manchmal folgt aus solchen Gesprächen, dass ich mich für Wendungen entscheide, die ich zunächst nicht vorgesehen hatte. 

Hast du Vorbilder bzw. Autoren, die dich inspirieren? Wenn ja, wen?
Nicht direkt, ich lese viel und querbeet. Es gibt so viele tolle Autorinnen und Autoren, die ich inspirierend finde wegen ihrer Themen, ihrer Charaktere, ihres Stils oder wegen des Aufbaus ihrer Geschichte – bestenfalls kommt alles zusammen. Wenn ich mich auf einen Namen festlegen müsste, würde ich Isabel Allende wählen. Sie hat mich früh fasziniert und ich lese ihre Bücher noch immer gerne. Juli Zeh oder Zeruya Shalev kommen mir in den Sinn. Kürzlich habe ich „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens gelesen. Ich mochte ihre Protagonistin, aber auch die Art und Weise, wie sie in ihrer Geschichte Spannung erzeugt.

Dein Arbeitsplatz, eher geordnet oder doch kreatives Chaos?
Das wechselt. Während ich recherchiere, ist er von Büchern und Notizzetteln übersäht, die sich gerne auch auf dem Boden ausbreiten – wobei ich immer ziemlich gut weiß, wo ich was finde. Wenn ich eine Arbeitsphase abschließe, macht es mir aber Spaß, meinen Schreibtisch aufzuräumen. Es ist wie ein äußeres Zeichen, dass eine Sache fertig geworden ist und der nächste Schritt beginnt.

Ein ganz normaler Tag in deinem Leben, lässt du uns daran teilhaben?
Als ich „Die Reise des Elefantengottes“ schrieb, sah mein Alltag so aus, dass ich morgens mit meiner Familie frühstückte, dann unterrichtete und später am Tag etwas mit meiner Tochter, die damals im Grundschulalter war, gemacht habe. An meinem Roman habe ich meistens abends gearbeitet oder an den Wochenenden. Auch jetzt schreibe ich gerne, wenn es im Haus und draußen langsam still wird. Ab und zu unternehme ich natürlich auch mal etwas mit meinem Mann oder mit Freundinnen. Seit letztem Januar lebt Hündchen Loki bei uns und sorgt für gesunde Unterbrechungen vom Schreibtisch.

Hast du Hobbies oder Ähnliches? Wie entspannst du dich neben dem Schreiben?
Wie ich oben schon erwähnte, raffe ich mich nicht oft genug auf, zum Sport zu gehen. In schreibintensiven Zeiten ist das schlecht für den Rücken. Seit uns Corona heimgesucht hat, bin ich allerdings so viel spazieren gegangen und gewandert, wie selten in meinem Leben und habe festgestellt, dass ich mich auch beim Laufen, prima mit meinen Freundinnen unterhalten kann. Ansonsten lese ich viel, reite ab und zu und spiele Klavier. Manchmal begleitet mich meine Tochter auf ihrem Saxophon, das macht mir sehr viel Freude.

Wo siehst du dich in 10 Jahren?
Hm, das ist ein langer Zeitraum. Örtlich betrachtet, sehe ich mich in Frankfurt. Ohne Frage waren die Jahre im Ausland bereichernd und ich möchte sie nicht missen. Sich immer wieder ein neues Leben aufzubauen, beruflich und privat, in einer neuen Umgebung und dann wieder in Deutschland, ist jedoch auch anstrengend. Ich bin jetzt Anfang fünfzig und sehe eine Lebensphase vor mir, in der sich viel verändert. Die Kinder gehen ihrer Wege, die Eltern sind alt geworden und man selbst muss sich mit dem Thema Älterwerden beschäftigen. Es scheint mir wichtig, in dieser Zeit mehr für meine Familie und meine Freundschaften da sein. Und natürlich hoffe ich auch, dass ich innerhalb der nächsten zehn Jahre noch weitere Romane schreibe, die gerne gelesen werden.

Lass uns noch mal in die Zukunft schauen … gibt es Projekte über die du bereits etwas sagen darfst? Oder ist alles noch Top Secret?
Jetzt widme ich mich erstmal dem Lektorat meines neuen Romans „Helenes Versprechen“, der im Januar erscheint. Aber natürlich überlege ich schon, wie meine nächste Geschichte aussehen könnte. Meine Ideen sind allerdings noch zu unausgegoren, um darüber zu sprechen. Im Herbst habe ich zunächst vor, ein zweibändiges Kinderbuch, das ich vor Jahren für meine Tochter geschrieben habe, im Selbstverlag zu veröffentlichen. Es geht um die zehnjährige Rubina, die mit ihrer Mutter aus Spanien nach Frankfurt am Main zieht. Anfangs fällt es ihr schwer, sich in der neuen Schule einzuleben, auch weil nicht alle Kinder nett zu ihr sind. Doch dann trifft sie in der U-Bahn Vema, eine Außerirdische vom Planeten Satemo – eine Freundschaft, die Rubinas Leben ziemlich verändert.

Bevor wir zum Ende des Interviews kommen, übergebe ich dir das Wort … gibt es etwas, das du deinen Leser immer schon mal sagen wolltest?
Gerne würde ich noch einmal auf Indien zurückkommen. Ich hatte ja gesagt, dass seine Extreme manchmal schwer auszuhalten sind. Auch vieles, was wir durch die Medien mitbekommen, ist schrecklich: Die Zustände während der Corona-Krise, die brutalen Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Muslimen, die verbreitete Gewalt gegen Frauen oder die Diskriminierung der Dalits, früher die Unberührbaren genannt. Man kann jedoch auch sehen, dass die Inderinnen und Inder von ihrem Recht, gegen Ungerechtigkeit und Diskriminierung zu protestieren reichlich Gebrauch machen. Die Medien berichten darüber, dass z.B. die indische Frauenbewegung immer stärker wird oder sich Dalits massiver gegen ihre Benachteiligung zur Wehr setzen, und zwar auf der Grundlage der indischen Verfassung, die das tief verwurzelte Kastensystem für abgeschafft erklärt. Der Alltag sieht natürlich häufig anders aus, aber immerhin eröffnen sich rechtliche Wege. Mitzubekommen, wie Demokratie in einem so großen, vielfältigen Land mit mehr als 1,3 Milliarden Menschen funktioniert, hat mich beeindruckt. Denn das ist, bei allem, was zweifellos verbesserungswürdig ist, vielerorts, auch in überschaubareren Ländern als Indien, keine Selbstverständlichkeit.

Liebe Beate,
ich danke dir herzlich für deine Zeit und deine Antworten.

Ich hoffe euch hat das Lesen des Interviews ebenso Spaß gemacht wie mir das Stellen der Fragen.

Den Roman „Die Reise des Elefantengottes“ habe ich bereits gelesen. Wenn euch meine Meinung interessiert, hier könnt ihr die Rezension nachlesen.

Dieser Beitrag hier ist Teil einer Aktion, organisiert von der Netzwerk Agentur Bookmark. Weitere interessante Beiträge könnt ihr hier im Plan finden.

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